Switch to the CitySwitch to the City

Landesmuseum Württemberg gibt Messinggefäße aus jüdischem Besitz zurück

Max Fishman und Kuratorin Dr. Maaike van Rijn bei der Übergabe im Landesmuseum Württemberg Max Fishman und Kuratorin Dr. Maaike van Rijn bei der Übergabe im Landesmuseum Württemberg Hendrik Zwietasch, Landesmuseum Württemberg, Stuttgart
Im November 2011 spendete das Landesmuseum Württemberg als Zeichen der Wiedergutmachung einen Stolperstein für Hedwig Neuhäuser in der Stuttgarter Rosenbergstraße 149. Denn bis zu diesem Zeitpunkt war es nicht möglich, die aus Neuhäuers Besitz stammenden zwei kunstgewerblichen Objekte an mögliche Erben zu restituieren: ein achtseitiges Kohlenbecken aus dem Jahr 1770, das in Süddeutschland gefertigt wurde und eine ovale Messingdose aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zeitaufwendige Recherchearbeiten nach den Erben durch die damals zuständige Provenienzforscherin Dr. Anja Heuß waren erfolglos geblieben. Erst jetzt konnten die gesetzmäßigen Erben, die in den USA, Großbritannien und Frankreich ansässig sind, gefunden werden. Diese werden vom Holocaust Claims Processing Office in New York vertreten, mit dem das Land Baden-Württemberg bereits eine Rückgabevereinbarung getroffen hat.
Die zwei Messingobjekte wurden gestern von Max Fishman, einem Urenkel von Hedwig Neuhäuser, im Alten Schloss in Empfang genommen. Dr. Maaike van Rijn, Kuratorin für Kunsthandwerk und Design am Landesmuseum Württemberg, übergab das Kohlenbecken und die Dose, die zuvor Teil der kunst- und kulturhistorischen Sammlung waren.
 
Hintergrundinformationen
Die beiden Gefäße gehörten ursprünglich Hedwig Neuhäuser, geborene Reis, die am 5. März 1881 in Bad Cannstatt geboren wurde. Sie war die Witwe des 1931 in Stuttgart verstorbenen Kaufmanns Elias Neuhäuser, der in Idar-Oberstein ein Geschäft für Achat- und Bijouteriewaren geführt hatte. Von Beruf Heimleiterin, erwarb sie 1936 zusammen mit Salomon Felheim ein Haus in der Stuttgarter Rosenbergstraße 149, das sie allerdings drei Jahre später, auf Druck des nationalsozialistischen Regimes, wieder verkaufen musste. 1939 in der Dillmannstraße 19 ansässig, zwang man sie, den Stuttgarter Norden zu verlassen und im August 1941 in das Jüdische Altersheim in der Heidehofstraße 9 umzusiedeln. Kurz darauf musste Hedwig Neuhäuser in der Öffentlichkeit den „Judenstern“ tragen. Nach ihrer Deportation nach Theresienstadt im Jahr 1942 ermordeten die Nationalsozialisten Hedwig Neuhäuser zwei Jahre später in Ausschwitz. Ihre 1903 geborene Tochter Lotte Blank und auch Neuhäusers Mutter kamen ebenfalls in den Konzentrationslagern in Auschwitz bzw. Theresienstadt um.
 
Infolge des Umzugs in die Rosenbergstraße 149 musste Hedwig Neuhäuser ihren Hausstand verkleinern. Sie gab daher mehrere Haushalts- und Sammlungsgegenstände in eine Auktion bei dem Stuttgarter Kunsthändler Otto Greiner. Im Staatsarchiv Ludwigsburg haben sich Listen dieser Auktion erhalten, aus denen der Einlieferer klar hervorgeht. Demnach gab Hedwig Neuhäuser 31 Lots in die Auktion. Am 10.10.1936 wurden die beiden Messinggefäße bei Otto Greiner versteigert und für insgesamt 18 RM an das Landesgewerbemuseum in Stuttgart verkauft. Dessen Bestände wurden in den sechziger Jahren dem Württembergischen Landesmuseum übereignet. So gelangten diese beiden unrechtmäßig erworbenen Objekte in das Landesmuseum Württemberg.
 
Dr. Anja Heuß, von 2009 bis 2014 Provenienzforscherin im Landesmuseum Württemberg, recherchierte die problematische Provenienz; sie identifizierte die ursprüngliche Eigentümerin der Objekte und machte eine Enkelin in den USA ausfindig. Im Rahmen eines Besuchsprogramms für ehemalige jüdische Mitbürger und ihre Erben hatte die damals 72-jährige Enkelin gemeinsam mit ihrem Ehemann 1995 die Stadt Stuttgart besucht. Schriftliche Anfragen blieben unbeantwortet, so dass Heuß 2011 davon ausging, dass die Erbin möglicherweise inzwischen verstorben war. Wie sich später herausstellte, war dies tatsächlich der Fall.

 

Quelle: Landesmuseum Württemberg

Anzeigen
zum Seitenanfang
JSN Boot template designed by JoomlaShine.com